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Niqs Reisen

Reisen mit Nga

Mit Nga Vietnam verstehen.
Vorläufer: Reisen mit Manu

Für vietnamesische Verhältnisse bin ich viel zu groß. Ich ziehe meine weißen Nike Sneaker, Schuhgröße 49 ½, aus und schlüpfe in die engen Plastikpatschen. Die Angestellte kassiert die 2000 Dong und gewährt mir Einlass zum öffentlichen WC. Sie muss schmunzeln, als sie meine Riesenfüße sieht.

Generell passt das Bild eines 1,92 Meter großen, weißen Mannes nicht in das örtliche Geschehen. Ich bekomme verwunderte Blicke vietnamesischer Frauen, die an ihren Obstständen sitzen und ihre Produkte bewerben. Ich erwidere ihre Blicke mit ebenbürtiger Verwunderung. Schließlich ist dieser Ort für mich aufregend und Einblick in eine fremde Welt.

Der Con Market ist ein Labyrinth. Auf dem Weg zurück zum Getränkestand, wo Sophia und Nga warten, verlaufe ich mich. Ich passiere Obststände. Rambutan, Drachenfrucht, Litschi, Banane, Mango, Sternfrucht, Durian, Mangostane. Hier gibt es Obst, von dem ich noch nie zuvor gehört habe. Ich passiere bunte Blumenstände und einen Stand, an dem mir ein dutzend goldener Glückskatzen aus Plastik zuwinken.

Wir trinken Mango-Maracuja Shakes und Durian Shakes mit Eis. Nga teilt eine Mangostane mit uns. Die tomatengroße Frucht hat eine purpurrote Schale und weiße Samen, die wie Knoblauchzehen aneinandergereiht sind. Sie sind saftig und schmecken sehr süß. Überhaupt ist alles sehr süß in dieser Region des Landes.

"Nga und ich wie wir am Getränkestand sitzen. Hinter mir sind dutzende Avocados, daneben einige Kokosnüsse. Ich rede gerade, Nga streckt sich."

Nga erklärt: Der Geschmack des Nordens ist sehr ausbalanciert. Ein bisschen süß, ein bisschen dies und das. Der Süden hingegen, wie auch Da Nang, hat viel intensivere Geschmäcker. Jedes Mal, wenn sie einen Saft bestellt, betont sie, dass sie diesen zuckerfrei möchte. Später erzählt sie von einem Familienausflug aus Jugendtagen in den Süden Vietnams. Ihr Onkel, der den Geschmack des Nordens gewöhnt war, hat drei Tage hungern müssen, weil für seinen sensiblen Gaumen alles zu süß war.

Nga kennen wir eigentlich von der Arbeit. Es ist reiner Zufall, dass sie gerade auch in Bildungskarenz ist. Während wir die Welt bereisen, verbringt sie ihre Zeit in ihrem Herkunftsland. Ihre Familie lebt in Hai Phong, Nga hat ihren Stützpunkt gerade hier in Da Nang. Sie ist unheimlich gastfreundlich. Dass sie für uns bei der Übergabe von Mopi übersetzt, ist selbstverständlich. Auch die Feinheiten der Mopedkultur erläutert sie. Wenn man sein Moped in der Stadt abstellt, gibt es immer Personal, welches die Mopeds für einen parken und auch wieder für die Abfahrt bereit machen. Denen gibt man üblicherweise ein paar Tausend Dong Trinkgeld. Den Mopedhelm hängt man entweder an den Lenker oder legt ihn auf den Sitz. Dass in Vietnam jemand auf die Idee käme, einen Mopedhelm zu stehlen, kann sie ausschließen.

Nga blüht in ihrer Rolle als Vietnam-Joker auf. Ich bin so froh, dass es jemanden gibt, der uns diese Kultur zugänglich macht. Außerdem ist sie jemand, die sich viel mit Essen beschäftigt, was uns auch sehr zugutekommt.

"Nga und ich sitzen lächelnd am Esstisch. Am Tisch stehen drei Suppenteller mit einer trüben Suppe, gefüllt mit Frühlingszwiebeln, Fleisch und Kohlensprossen."

Als wir uns später am Strand treffen, bringt sie erneut Fruchtsäfte und Obst mit. Wir essen Rambutan, Mangostanen und Drachenfrucht und trinken dazu Orangensaft. Es ist das frischeste Obst, das ich in meinem Leben gegessen habe. So saftig, so süß, so absolut fantastisch. Sie weiß einfach, was gut schmeckt. Dann bestellt sie uns Essen direkt an den Strand und wir genießen die vietnamesische Kulinarik, während im Hintergrund das Meer rauscht.

Was ich allerdings am meisten an Nga bewundere, ist ihre Einstellung zum Leben. Sie trägt sowohl vietnamesischen Pragmatismus als auch österreichische Gelassenheit in ihr. Verkehrssituationen meistert sie unaufgeregt. Wenn wir im Lokal zu essen und trinken bestellen, plaudert sie mit dem Personal als würden sie sich seit Jahren kennen. Mit Nga ist es immer ganz easy.

Am Ende dieses Tages bin ich froh. Froh darüber, dass Nga drei Monate zuvor die Magie der "Antwort per E-Mail" nutzte, als ich auf meinem persönlichen Blog meinen Reiseblog der Welt verkündete.

"Die Sonne geht unter hinter einem Hochhaus. Davor liegt der My Khe Strand. Dutzende Menschen befinden sich am Strand und im Wasser."

"Mega cool, dass du ein Jahr verreisen wirst", schreibt sie damals. Ich bin ganz bei dir, Nga. Wie cool, dass wir's wirklich geschafft haben und wir uns tatsächlich in Vietnam treffen und eine so fantastische Zeit haben.

Danke für alles, Nga.