Fünf Wochen lang reisen wir gemeinsam. Fünf Wochen lang sehen wir uns jeden Tag.
Dann plötzlich ist unsere gemeinsame Zeit vorbei. Jeder geht seine Wege.
Und da sowohl Manus als auch unsere Wege zum Ende von Neuseeland nach Sydney führen, treffen wir uns ein letztes Mal.
Niemanden, der diesen Blog regelmäßig liest wird es überraschen, dass Manu bei unserer Wiedervereinigung ein neuer Mensch ist:
- Manu war trampen auf der Nordinsel.
- Manu war am höchsten Vulkan Neuseelands (Mount Ruapehu).
- Manu war erledigt vor lauter Reisen.
Oh, ja! Sogar der Manu mit seiner enormen Reisegeschwindigkeit macht mal schlapp. In einer ruhigen Surferstadt, namens Raglan, auf der Nordinsel Neuseelands, ist er einfach mal k.o.
Und so reflektiere ich über das Reisen mit Manu.
Best of Manu #
Manu ist einer meiner besten Freunde und es ist ein unheimliches Glück, dass wir gemeinsam am anderen Ende der Welt wochenlang um die Südinsel Neuseelands reisen konnten.
Hier sind einige Reiseanekdoten, die es nicht in den Blog geschafft haben.
Christchurch / Der Fensterfilter #
Nachdem wir uns in Christchurch wiedervereinigen und unser Abenteuer beginnt, nimmt uns Manu mit in sein Hotel. Er möchte uns zeigen, wie er haust.
Wir passieren die zwielichtige Lobby, die gleichzeitig als Restaurant dient.
Wir betreten sein Zimmer. Sein Bett nimmt einen Großteil des Raumes ein. Darunter ist eine Lichtröhre, die man in unterschiedlichen Farben ausleuchten kann. Das Besondere an dem Zimmer ist allerdings, dass es über kein Fenster verfügt.
Manu meint, dass ihm das jetzt schon zum dritten Mal passiert ist. Sowohl in Singapur als auch in Melbourne hatte er kein Fenster.
"Verdächtig", denke ich. Ob er das nicht absichtlich macht? Hat er auf Booking.com einen Filter definiert, in dem er die Fensteranzahl des Zimmers auf "keine" herunterdrehen kann?
Forest Lodge / Sir Manuel #
Manu befindet sich im Gespräch mit einer Australierin, die im Begriff ist von der Forest Lodge aufzubrechen.
- Manu nuschelt.
- Australierin: "I beg your pardon?" (dt. bitte um Entschuldigung?)
- Manu: "What?"
- Australierin versucht sich anders auszudrücken: "Say that again, sir?"
Ich muss lachen. Eine einzige Konversation, in der es zu so viel Unverständlichkeit, auf so vielen Ebenen kommt.
Zusätzlich wird Manu "Sir" genannt (vermutlich scherzhaft).
Aber das macht die Situation umso lustiger. Während ich ja seit meiner Ankunft in Ozeanien durchwegs als "Mate" bezeichnet werde, wird Manu hingegen des Öfteren "Sir" gennant. Er kommt sich alt vor.
Ich finde jedoch, dass es wie ein Adelstitel klingt. Sir Manuel.
Franz Josef / der Autoschlüssel-Moment #
Wir wollen zur Wanderung am Roberts Point Track aufbrechen.
Ich gehe in unser Zimmer, um nach Manu zu sehen:
- Manu: "Hast du die Autoschlüssel?"
- Ich: "Ja, habe ich", und zücke die Autoschlüssel.
- Manu fasst in seine Tasche.
- Manu: "Aber ich habe die Autoschlüssel!"
Ich sterbe.
Ich kann mich nicht halten vor lauter Lachen. Der Engländer spricht im übertragenen Sinne von "rolling on the floor laughing". Ich liege buchstäblich vor lauter Lachen am Boden und ersticke nahezu.
Die Situation ist so absurd, so unerklärlich dumm, so lachhaft. Welchen Schlüssel habe ich denn nun plötzlich? Haben wir auf einmal zwei Autos? Wem habe ich gerade den Schlüssel weggenommen?
Ich liege am Teppichboden unseres Zimmers und krümme mich vor Lachen. Wir könnten Stunden lang so weiter lachen.
Wānaka / Narrativuel #
Auf dem Weg nach Wānaka lernen wir eine neue Seite von Manu kennen. Wir lernen einen Manu kennen, der das Gesehene in ein Narrativ verwandelt. Er beschreibt die Schönheit des Landes und schmückt diese aus mit Ausrufen wie "Krass!", "Boa!" und "Wow".
Diese Ausschweifungen nenne ich "Manu-Narrativ". Am Tag, an dem wir ihn das letzte Mal sehen, gelingt es Sophia, dieser Seite seiner Persönlichkeit einen Namen zu geben.
"Narrativuel" wird geboren.
Twizel / Mando-Time #
In unserem Sommerhaus in Twizel steht ein Fernseher. Dieser Fernseher ist ein SmartTV. Dieser SmartTV hat Disney+ installiert. In diesem Disney+ ist jemand namens "Linda" eingeloggt.
Manu nimmt das Geschenk der eingeloggten Linda entgegen. Denn heute Abend schaut er "Mandalorian". Mandalorian ist eine Serie aus dem Star Wars-Universum und erzählt die Geschichte eines Kopfgeldjägers.
Ein anstrengender Reisetag in Neuseeland endet im besten Fall mit "Mando-Time".
Kaikōura / Coupon-Code #
Als ich unseren Flug von Christchurch nach Auckland buche, wird mir bei Bezahlung der Buchung ein Formularfeld präsentiert.
Dieses Formularfeld fragt nach einem "Coupon Code". Manu sitzt neben mir auf dem Sofa und muss sich ärgern.
In Situationen wie diesen fühlt er sich immer sehr schlecht. Irgendwo da draußen in den Tiefen des Internets gibt es einen Coupon Code, der die Buchung vergünstigen könnte.
Nur hat er keinen. Was für eine Welt!
Neuseeland / Neuer Mensch #
Hier ein Überblick, wie oft Manu auf dieser Reise aus seinem Kokon entschlüpft ist und zum neuen Menschen wurde:
- Manu kauft sich eine neue Jacke.
- Manu macht eine Tour mit Delfinen.
- Manu fährt alleine in den Norden.
- Manu besteigt den höchsten Vulkan Neuseelands.
Wenn es einen Menschen gibt, der in Neuseeland zu einem neuen Menschen wurde, dann heißt dieser Mensch "Manuel".
Der 18-jährige Manu #
Ich bin froh, Manu als Freund zu haben.
Manchmal, wenn ich so tolle Momente mit ihm erlebe, muss ich an seinen Führerschein denken. Darauf ist ein 18-jähriger Manuel abgebildet, der den Inbegriff der späten Pubertät darstellt. Ich kenne diesen Manu nicht. Ich stelle mir vor, dass er noch nicht dieses Selbstbewusstsein, diesen Charme und diese Neugierde ausstrahlt, wie es jener Manu von heute tut, den ich so gut kenne.
Doch ich bin sicher, dass sein 18-jähriges Ich, genauso wie der Manu von heute, einfach nur empathisch, herzlich und lustig ist. Und dieser Manu kommt in solchen Momenten zum Vorschein.
Und dann bin ich froh, Manu als Freund zu haben.
Abschied von Manu #
Wir befinden uns in Sydneys Chinatown.
Wir stehen an einer Kreuzung und ich mache den ersten Schritt für diese finale Verabschiedung. "So, wir müssen jetzt die Straße hoch, zum Supermarkt", leite ich ein. Ich weiß nicht so recht, wie ich es sonst machen soll. Also umarmen wir uns und gehen unsere Wege.
Am selben Tag erfahren wir im Gruppenchat mit Manu, dass ihm der Abschied nicht romantisch genug war. Hätte er sich eine Art Abschiedszeremonie erwartet?
Und so entdecken wir zum Ende unserer Zeit seine romantische Persönlichkeit. Sophia fällt sofort der passende Name ein: "Dramanuel".
Wir sehen uns wieder, mein Freund.
In Berlin, in Wien oder im besten Fall: am anderen Ende der Welt. 🇳🇿