David fährt voran. Wir sollen ihm folgen. Weniger als eine Minute dauert es und er macht Halt. Einige Filipinos parken am Straßenrand. Sie haben Surfbretter dabei. David löst ein weißes Surfbrett mit blauer Unterseite von der Halterung seines Motorrads. Sein Freund Ambum hebt ein zweites Surfbrett vom Boden auf. Jetzt wird es ernst.
Regular oder Goofy? #
"Skatest du?", fragt mich David interessiert, als wir am Strand ankommen. Er möchte prüfen, ob ich "Regular" (linker Fuß vorne) oder "Goofy" (rechter Fuß vorne) bin. "Nein, aber ich fahre Snowboard". Im selben Moment kommt mir in den Sinn, dass er bestimmt noch nie in seinem Leben Schnee gesehen hat.
Dann erklärt er die Grundlagen. Der "Stringer" ist die Mitte der Längsseite des Boards. Die "Fin" ist die Flosse auf der Unterseite des Boards. Die "Leash" ist die Leine, die mittels Klettverschluss an meinem Knöchel befestigt wird, sodass mir das Surfbrett nicht abhanden kommt.
Es ist gut ein bisschen Surferjargon zu kennen, doch das alleine reicht nicht, um Surfer zu werden. Also machen wir Trockenübungen. Ich lege mich auf das Brett und paddle mit meinen Armen im Sand. Easy. Dann üben wir den Pop-Up. Dafür stütze ich mich auf die Arme, um mich aufzurichten. Dann stelle ich meine Füße seitlich auf das Brett und gehe leicht in die Hocke. Das ist die Bewegung, auf die es heute ankommt.
Die Sicherheitshinweise überspringen wir einfach. Jetzt wird gesurft!
Wellenreiten in Pacifico #
Ich weiß nicht was ich mir erwartet hatte. Eigentlich, dass wir in einer Gruppe sind, der Surflehrer seine Aufmerksamkeit durch fünf teilt und ich auf mich selbst angewiesen bin. Tatsächlich ist David ganz alleine für mich da, er zieht mich sogar aufs Meer hinaus während ich am Surfbrett liege und mich seelisch auf die ersten Wellen einstellen kann.
Pacifico wird seinem Namen gerecht. Das Wasser ist ruhig. Erst ist es seicht und wird dann stetig tiefer. Das Meer spendiert regelmäßig einige anfängergerechte Wellen.
Ich liege am Brett und bin Richtung Strand gerichtet, während David hinter mir steht und auf meine Welle wartet, um mir dann im richtigen Moment einen Schubser zu geben. Als es dann soweit ist, ruft David laut "Go!" und ich drücke meinen Oberkörper nach oben. Doch aufstützen, mich auf dem Brett platzieren und dann noch in die Knie gehen sind zu viele Dinge die ich gleichzeitig machen muss. Platsch! Sekunden nach meiner ersten Welle fliege ich, Gesicht voraus, ins Wasser.
Surfen wie Spiderman #
Für den nächsten Versuch probiere ich einen Schritt-für-Schritt-Ansatz. Und das meine ich sogar buchstäblich. Die nächste Welle kommt, David schubst mich an und platsch! Wieder lande ich, mit dem Gesicht voran, im Wasser.
Beim nächsten Versuch liege ich etwas angespannt am Surfbrett. Ich merke bereits wie wund meine Brust ist. Und die Nase ist voller Salzwasser. Doch ich gib nicht auf. David meint, ich solle noch weiter am Brett zurückrutschen und mit den Beinen etwas weiter auseinander gehen. "Wie Spiderman", meint er. Eigentlich weiß ich nicht was das bedeuten soll, aber ich nicke und murmel vor mich her: "Wie Spiderman".
Dann warten wir. Wir warten und warten. Ich frage David woher er denn weiß, welche Wellen die richtigen für mich sind. Er weiß es einfach, meint er. Und wieviele Menschen er denn schon zu Surfern gemacht hat? Das weiß er nicht genau, doch viele Ausländer aber auch viele Filipinos aus Manila. Und wie ich schon die nächste Frage stellen will, fragt mich David plötzlich: "Bereit?" Noch bevor ich antworten kann, spüre ich, wie das Surfbrett Fahrt aufnimmt und er plötzlich laut ruft: "Gooooo!".
Die Welle drückt mich nach oben und ich bleibe ganz ruhig. "Easy", denke ich. Schritt für Schritt! Ich richte mich auf, stelle ein Bein nach vorne, das zweite nach hinten. Ich geh leicht in die Knie und ich surfe. Ich surfe! Wie Spiderman! "Yeaaaaaaaaaaah", höre ich nur den Freudenschrei von David hinter mir. Ich surfe! Und zwar sogar bis ganz zurück zum Strand, wo das Wasser wieder seicht wird. Es fühlt sich fantastisch an.
Als ich mich umdrehe, sehe ich nur den lächelnden David, der sich nicht einkriegen kann. Ambum und Sophia schauen auch nur so. Ich glaube surfen wird mein neues Ding.