In Hongkong finde ich sicher neue Schuhe, bin ich überzeugt, als ich mich gegen Ende unserer Vietnamreise von meinen Sneakern trenne. Sophia ist auch optimistisch. Hongkong wimmelt nur so von Einkaufszentren, weiß sie. Schließlich ist sie nicht zum ersten ersten Mal hier.
Sie weiß auch, dass man sich warm anziehen muss, wenn man in den Einkaufszentren unterwegs ist. Wortwörtlich. Weil die Hongkonger Einkaufszentren kühlen die Temperaturen dermaßen herunter, dass man ohne Weste richtig frieren muss!
Sophia schlägt im Pacific Place in Admiralty zu und kauft sich neue Nike Sneaker. Ich hingegen werde hinsichtlich meiner gewaltigen Schuhgröße vom Verkäufer entmutigt:
In ganz Hongkong sind die größten Schuhe, die man bekommt 47,5.
Die Stimme des Nike-Verkäufers im Hinterkopf wird mich die nächsten zwei Tage begleiten.
Schuhe kaufen in Hongkong #
Schuhe zu kaufen macht, bei einer Schuhgröße, welche den Durchschnitt der männlichen Bevölkerung weit überschreitet, absolut keinen Spaß. Und dabei handelt es sich nicht einmal um ein Phänomen, das auch nur irgendetwas mit Südchina und den Schuhgrößen der lokalen Bevölkerung zu tun hat. Auch in Zentraleuropa ist der Erwerb von Schuhen in Größen jenseits der 48 ein Ding der Unmöglichkeit. Ein gewisser ästhetischer Anspruch für den Stil der Turnschuhe begünstigt mein Unterfangen nicht.
An Tag eins der Mission Schuhkauf wird der Nike-Verkäufer Recht behalten. Alle Schuhe, die ich anprobiere sind zu klein. Mindestens um eine halbe Schuhgröße. Es stellt sich allerdings heraus, dass Schuhe kaufen in Hongkong ein guter Weg ist, die Stadt kennenzulernen. Wir verlassen den Pacific Place und entdecken ein neues Verkehrsmittel, welches zweifelsfrei britischem Gedankengut entsprungen sein muss: die Doppeldecker-Tram.
Die Bedienung des Verkehrsmittels ist simpel: man steigt hinten ein, kämpft sich durch den engen Innenraum an anderen Passagieren vorbei und schafft dies optimalerweise rechtzeigt, bevor man an seiner Wunschhaltestelle vorne wieder aussteigt und zahlt dabei einen festgesetzten Preis von drei Hongkong-Dollar, unabhängig von der Fahrtdauer.
Soweit die Theorie. Wir steigen an der Arsenal Street ein und es dauert keine Minute, bis ich feststelle, dass es sich um kein geeignetes Verkehrsmittel für mich handelt. Es sind nämlich nicht nur meine Füße, welche für die Schuhe Hongkongs zu groß sind, sondern ebenfalls mein Oberkörper, welcher für die niedrigen Decken der Trams zu lang ist. Es ist wie immer: ich bin einfach zu groß für diese Welt!
Mong Kok Sneaker Street #
Ich kann von Glück sprechen, dass ich einen Hongkong-Joker habe, denn laut ihm gibt es einen Ort für Menschen wie mich, nämlich Menschen, die verzweifelt nach neuen Schuhen suchen: die "Sneaker Street" in Mong Kok.
In einer Straße, die als "Sneaker Street" bezeichnet wird, werde ich wohl fündig werden. Doch Schuhe kaufen ist auch an Tag zwei extrem anstrengend. Sogar auf der Sneaker Street. Nachdem wir an drei verschiedenen New Balance Shops erfolglos bleiben, fange ich an zu zweifeln, ob es in Hongkong Schuhe für mich gibt. Doch Sophia bleibt optimistisch und geduldig mit mir und meinen Riesenfüßen.
Also beschließen wir noch in ein letztes Geschäft zu gehen und unser Glück zu probieren. Und siehe da: ich finde Turnschuhe, die nicht nur meinen ästehtischen Ansprüchen gerecht werden sondern mir obendrein auch noch passen. Ich sehe in die Innenlasche der Schuhe und entdecke die magische Zahl 47,5. Und trotzdem passen sie!
In der Schuhwelt bedeutet 47,5 nicht 47,5. Da hat jeder Schuhhersteller und sogar jeder einzelne Schuh ein anderes Verständnis davon. Ich bin jedenfalls glücklich und blicke voll Zuversicht dem restlichen Abenteuern auf dieser Welt entgegen. 1900 Hongkong-Dollar ärmer aber dafür mit neuen Schuhen auf den Füßen.