Um die enormen Distanzen des Landes zu ĂŒberwinden, fĂŒhrt oftmals kein Weg an stundenlangen Busfahrten vorbei. WĂ€hrend ich auf den Bus warte, lese ich die Online-Bewertungen des Busanbieters, der uns heute von Ho Chi Minh City nach Da Lat bringen soll. Als dieser bereits ĂŒber eine halbe Stunde verspĂ€tet ist und ich mich in den Bewertungen der MobilitĂ€tsapp 12Go Asia verliere, wird mir schnell bewusst, dass ein verspĂ€teter Langstreckenbus in Vietnam das normalste der Welt zu sein scheint.
Frei aus dem Englischen ĂŒbersetzt, samt Tippfehler:
Guter Bus. GenĂŒtlich. Netter Fahrer.
â Victoria F (âââââ)
Fahrer war rĂŒcksichtslos und fuhr schnell durch die scharfen Kurven.
â Dor H (ââ)
Bus kam eine Stunde zu spÀt.
â Isabel B (ââ)
Der Bus war in Ordnung, aber er hat uns nicht an dem Ort abgesetzt, der auf dem Ticked angegeben war.
â Thomas H (âââ)
Der Bus und die Fahrt waren angenehm mit vielen Stopps, um etwas zu essen und Toilettenpausen einzulegen. Die PĂŒnktlichkeit ist jedoch ein Problem. Wir sind 45 Minuten zu spĂ€t losgefahren und kamen fast 3 Stunden zu spĂ€t an.
â Luke A (âââ)
NatĂŒrlich hab ich vollstes VerstĂ€ndnis fĂŒr rĂŒcksichtsloses Fahrverhalten, immerhin sind wir hier in Vietnam. Aber mir wĂ€re schon ganz recht, nicht drei Stunden spĂ€ter als erwartet am Ziel anzukommen und noch dazu sicher sein zu können, dass das Ziel tatsĂ€chlich jenes Ziel ist, dass ich bei der Buchung angeben habe.
Eine Stunde nach geplanter Abfahrtszeit kommt er dann doch an. Inzwischen ist meine Erwartungshaltung fĂŒr die kommende Busfahrt entsprechend niedrig. Die Angestellte begleitet uns in den Bus. Beim Einstieg reicht uns der Fahrer ein Plastiksackerl. Was soll ich denn damit, denke ich. Die nette Angestellte zeigt auf meine Schuhe. Die soll ich ausziehen und im Sackerl aufbewahren. Gesagt, getan. Sie bringt mich, von Schuhen befreit, zu meinem Platz. Da alle Passagiere ihre Schuhe in Plastiksackerln aufbewahren, laufen alle nur in Socken herum. Der Teppichboden fĂŒhlt sich weich an. Die PlĂ€tze sind fĂŒr eine liegende Position optimiert und verfĂŒgen ĂŒber ĂŒberraschend viel Beinfreiheit. Jeder Platz hat auĂerdem einen Vorhang fĂŒr ein Extra an PrivatsphĂ€re. Sofort fĂŒhle ich mich wohl und mach es mir gemĂŒtlich.
Wie versprochen ist das Fahrverhalten des Busfahrers ausgesprochen rĂŒcksichtslos.
Noch dazu fÀhrt er viel zu schnell in den scharfen Kurven.
Wir wundern uns, ob die 8-stĂŒndige Busfahrt durch Zwischenstopps und eventuelle Klopausen unterbrochen wird, so wie es eine der anderen Bewertungen angekĂŒndigt hatte.
Und tatsÀchlich machen wir nach einigen Stunden Halt.
Ich schnappe meine Schuhe und will mir diese schon anziehen als mich der Fahrer aufhÀlt.
Ăhnlich wie die Angestellte zuvor zeigt er auf die Schuhe.
Nur diesmal nicht auf meine Schuhe, die ich in den HĂ€nden halte, sondern auf Schlapfen, die vor der EingangstĂŒr des Busses bereitliegen.
Neben einer grĂŒnen Gummimatte steht eine Kiste voll gelber Schlapfen, die auf der Oberseite kleine Löcher haben (vermutlich sind sie dadurch aerodynamischer!).
Wir schlĂŒpfen hinein und erkunden die Raststation. Wir sehen, wie andere Busse ankommen. Die Passagiere, die aussteigen, sind ebenfalls schuhlos und schlĂŒpfen in die bereitgelegten Patschen. Alle Busanbieter sind sich darĂŒber einig. Die ganze Buserfahrung wurde mit dem Konzept "frei von Schuhen" gestaltet.
Das Aufregende am Busfahren in Vietnam ist, dass man nie genau weiĂ, was einen erwartet. Wenn man GlĂŒck hat, findet man sich in einem luxuriösen Liegebus wieder und kann sich's von Schuhen befreit so richtig gut gehen lassen. Wenn man hingegen Pech hat, ist der Bus kaputt und der Ersatzbus will auch nicht anspringen.
Aber dazu spÀter mehr.