Inzwischen wundert mich nichts mehr. Nach zwei Wochen in Vietnam ist man abgehärtet und hat schon einiges gesehen. Ich warte bis ich an der Reihe bin, um mein Moped zu tanken.
Der Tankwart füllt das Moped eines Vietnamesen auf. Dabei kommt das Benzin nicht aus dem Zapfhahn, wie für Benzin üblich. Nein. Der Sprit kommt aus der Plastikflasche. Soll mich das wundern? Vielleicht suche ich mir eine andere Tankstelle? Oder ist das einfach so, hier in Vietnam?
Ich versuche nicht lange darüber nachzudenken und ziehe meinen Helm fest, auf dem geschrieben steht:
Hệ Thống Head
Tương Nguyên
Heute will ich einfach Moped fahren. Als Ziel wähle ich die nordwestliche Spitze der Insel. Aber darum geht es eigentlich nicht. Denn heute ist die Reise das Ziel!
Ausflug ins Ungewisse #
Ich weiß nicht, was mich erwartet. Ich weiß nicht, wo ich eigentlich hin will. Ich weiß nur, dass ich Moped fahren möchte.
Die ganze Strecke über kann ich an der Hauptstraße fahren. Ich beobachte den Verkehr aufmerksam. Obwohl hier freie Fahrt gilt, kann man nie wissen auf den Straßen Vietnams. Auch wenn ich noch so vorsichtig bin, es gibt immer Verkehrsteilnehmende, mit eigenem Willen. Verkehrsteilnehmende, die aus dem Nichts auftauchen und sich einen in den Weg stellen.
Bald endet die 50er Zone und ich kann richtig Gas geben. Ich fahre das erste Mal 80 km/h und es macht richtig viel Spaß. Das Mopedfahren gibt mir das Freiheitsgefühl, das ich beim Autofahren immer gesucht habe.
Jeder fährt sein eigenes Tempo. Manche schleichen nahezu die Landstraße entlang, andere sind schneller. Es ist genug Platz für alle da. Noch dazu ist die Mopedkultur in Vietnam so stark, dass man nicht herumkommt, sich gewissermaßen mit anderen Mopedfahrenden verbunden zu fühlen.
Während ich mich mit dem Autofahren einfach nicht anfreunden kann, gibt mir das Steuern eines Mopeds unglaublich viel Energie. Und plötzlich fahr ich auf der vietnamesischen Landstraße 80 km/h! Was ist mit mir passiert?
Wer ist Tương Nguyên? #
Die Südwestspitze Phu Quocs birgt neue Abenteuer, die darauf warten erlebt zu werden. Das grüne Inselparadies enttäuscht nicht. Ich muss hier nochmal her. Mit der Soso am Rücksitz!
Die Dunkelheit ist eingebrochen. Nach Start des Motors stirbt dieser gleich wieder ab, als ich bergauf fahren möchte. War der Sprit aus der Plastikflasche doch keine gute Idee?
Doch dann springt er an und es ist fantastisch. Ich fahre durch die kühle Abendluft und es ist besser als jede Klimaanlage. Ich überhole, ich gebe Gas, ich habe Spaß. Viele Verkehrsteilnehmende haben kein Licht aber ich bin auf der Hut.
Ich bewege meine Hüfte und lege mich geschmeidig in die Kurve. Und je länger ich über die Identität des ominösen Tương Nguyên nachdenke, desto mehr verstehe ich.
Ich bin Tương Nguyên.