Mitten im Herzen von Auckland gibt es ein Hotel. Der Eingang befindet sich in der Queen Street. Mit dem Aufzug kann man in den dritten Stock fahren. Aber nur, wenn man eine Chipkarte hat.
Wenn man aussteigt und nach links den Korridor entlang geht, erkennt man Nummern auf den Zimmertüren. "309", "310", "311" und "312".
Dann scheint es nicht weiterzugehen. Ist da noch ein Zimmer?
Doch wenn man genau schaut, entdeckt man es. Ganz versteckt, neben dem Ausgang ins Stiegenhaus, liegt eine Tür. Auf der Tür steht "313". Unter der Zimmernummer hängt ein silbernes Schild. In schwarzen Buchstaben steht dort:
PRIVATE
Hier werden wir die nächste Woche leben.
Zimmer 313 #
Hotelzimmer sind nie ganz privat. Täglich werden sie von fremden Menschen besucht, um gereinigt zu werden. Natürlich ist es ein großer Luxus, wenn jemand kommt, um das Bett zu machen, das Bad zu putzen und den Müll rauszutragen.
In unserem privaten Apartment, das an die Domäne des Hotelbetriebs grenzt, ist das nicht der Fall. Ich verspüre ein starkes Gefühl der Anonymität. Das Zimmer "313" ist privat.
Abgeschottet von der Welt. Eine Ruheoase. Hier finden sie mich nicht, die Naturschönheiten Neuseelands. Hier findet er mich nicht, der eine Strand, den man unbedingt noch besucht haben muss. Hier finden sie mich nicht, die lästigen Sandflies, die mir die letzten Wochen hunderte Stiche zugefügt haben.
Das Zimmer "313" ist privat.
Gefühlslage #
Ich bin erledigt. Im ersten Monat unserer Reise haben wir schon ein ordentliches Tempo vorgelegt. Planen, Unterkunft buchen, einpacken, Autofahren, auspacken, einkaufen, kochen, Autofahren, wandern, Autofahren, planen, Unterkunft buchen, einpacken. Und das wochenlang.
Plötzlich ziehen wir die Bremse.
Eine Woche in Auckland. Ich habe mich auf die Pause gefreut. Und doch bin ich deprimiert. Der Travel Blues hat mich hart erwischt.
Nicht nur neigt sich der Sommer am anderen Ende der Welt seinem Ende zu, sondern auch unsere Zeit hier in Neuseeland.
Plötzlich sind wir zu zweit.
Auckland #
Die Palmen sind riesengroß. Sie dominieren die grünen Parks der Stadt.
Die Gebäude sind noch viel größer. Die Skyline ist voll mit ihnen.
Überall gibt es fantastisches Essen. Auckland, die größte Stadt Neuseelands, ist der Beweis: Neuseeland ist doch in der Lage, coole Städte zu bauen.
Die Stadt lässt sich gut zu Fuß entdecken. Ich entscheide, dass ich für eine Weile in kein Auto steigen möchte.
Die Gegend, in der wir leben, nenne ich "Korea Town". Es gibt koreanische Restaurants, koreanische Supermärkte und koreanische Imbissläden. Wir holen uns einen Bulgogi-Burger samt Milkshake und lassen uns im Myers Park nieder. Die kommende Woche über werde ich öfters hier herkommen, um mit der Familie zu telefonieren oder spazieren zu gehen.
Nach langer Pause machen wir mal wieder Sport. Der Albert Park bietet sich dafür an. Wir machen unsere Übungen in der Wiese. Die Skyline der Großstadt scheint uns dabei zu beobachten.
Auckland ist eine interessante Mischung aus Metropole und Natur. Trotzdem ist die Größe überschaubar. Mit seinen 1,7 Millionen Einwohner:innen ist es zwar ähnlich groß wie Wien, ich finde, es fühlt sich jedoch viel kleiner an.
Devonport #
Wir spazieren an der Promenade entlang. Es riecht nach Meer. Überall gibt es Zugänge zum Wasser, wenn man schwimmen möchte. Am Strand sind schwarze Steine. Wir sehen viele Meschen, die mit ihren Hunden Gassi gehen.
Devonport ist der perfekte Ort für alte Leute. Wir fühlen uns ganz wohl.
In der vergangenen Nacht träume ich, dass ich mein Notizbuch verliere. Mir wird bewusst, dass es das Schlimmste ist, was mir passieren kann. Alles, was ich habe lässt sich ersetzen, aber meine Gedanken und Erfahrungen kann man nicht einfach neu kaufen.
Sophia träumt in derselben Nacht, dass ihr Sketchbuch abhandenkommt. Was für ein Zufall! Vielleicht verbringen wir zu viel Zeit zusammen?
Vom North Head aus hat meinen fantastischen Blick auf Auckland und die umliegenden Inseln. Wir sehen einen Strand, der zum Baden einlädt.
Am Cheltenham Beach angekommen, kann man hunderte Meter weit aufs Meer hinaus waten. Wir sehen wie jemand in der Ferne mit seinem Hund in der Ebbe spazieren geht. Ich muss an Lignano denken, als ich die Rillen im Sand auf meinen Fußsohlen spüre.
Als Kind habe ich jeden meiner Sommer an der nördlichen Adria-Küste verbracht.
Herbst in Neuseeland #
Fünf Wochen in Neuseeland enden in Auckland. In der Zurückgezogenheit des privaten Zimmers mit der Nummer 313 suche ich Zuflucht und eine Heilung für den Travel Blues.
Ich hoffe, dass ich die Zeit nützen kann, um den Blog weiter zu bringen und Spanisch zu lernen. Und obwohl ich mich schon so lange darauf freue und die Woche in Auckland so gut dafür geeignet scheint, bin ich einfach deprimiert.
Aber fürs Deprimiertsein muss man sich auch Zeit nehmen. Immerhin schaffen wir es, eine Entscheidung zu treffen. Wir buchen einen Flug von Sydney nach Ho Chi Minh City.
Ich bin noch nicht ganz bereit für das nächste Abenteuer. Doch der Herbst kommt nach Neuseeland und wir müssen weiter. 🍂