Wenn man die Hauptstraße Phu Quocs entlang Richtung Nordwesten fährt, macht man eine merkwürdige Entdeckung. Die Gebäude am Straßenrand verändern sich. Die für Vietnam typischen kleinen, rustikalen Blechhütten, die ihre Essensstände auf der Straße haben weichen bunten Gebäuden.
Diese muten einen klassischen europäischen Baustil an. Neben traditionellen Reihenhäusern stehen Gebäude im Barockstil mit symmetrischen Fenstern und eleganten Balkonen. Spitze Turmdächer verleihen dem Ganzen einen Hauch von Disneyland. Hinter den Gebäuden verbirgt sich ein Riesenrad.
Sind wir noch in Vietnam?
Asiatische Touristen, Visa-Runs und Stand Up Paddle #
"In den letzten Jahren wurde viel Geld in den Tourismus auf Phu Quoc investiert", erklärt Roger auf Englisch. "Südkorea und China sind wichtige Märkte für uns, entsprechend wurde hier auf der Insel die 'Grand World Phu Quoc' errichtet, die viele Touristen aus diesen Ländern ansprechen soll".
Als Österreicher wundert mich das in diesem Moment gar nicht. Ich muss an Hallstatt und dessen Faszination asiatischer Touristen denken. Insbesondere Touristen aus China sind so fasziniert davon, dass eine direkte Kopie der kleinen Gemeinde angefertigt wurde↗.
Roger, alias Phat, wurde in Ho Chi Minh City geboren. Als er 13 war, ist es nach Vancouver ausgewandert und als Erwachsener nach Vietnam zurückgekehrt. Heute ist er Unternehmer auf Phu Quoc. Er betreibt einen Verleih für Stand Up Paddle Boards. Stolz erzählt er, dass er erste letzte Woche seine Bar eröffnet hat.
Wir schauen übers Meer. Im Dunst erkenne ich eine Insel. "Das ist Kambodscha!", verkündet er. "Nur Fischerboote sind berechtigt, hinüberzufahren. Trotzdem gibt es einen Markt für Menschen, die kurz das Land verlassen müssen, um ihre vietnamesischen Visa zu verlängern".
Von "Visa-Runs" habe ich schon gehört. Als meine Bankomatkarte verschluckt wurde, erzählte David davon, dass er alle drei Monate kurz ausreisen muss, nur um dann am selben Tag wieder einzureisen, um sein Visum zu verlängern.
Fasziniert von der Vorstellung, dass dort drüben Kambodscha ist, blicke ich in die Ferne. "Kambodscha", denke ich. Ein Land, das mich seit Jahren fasziniert. "Ankor Wat. Phnom Penh. Können wir nicht nach Kambodscha?"
Der Gedanke begleitet mich als wir wenig später auf unseren Stand Up Paddle Boards eine kleine Bucht ansteuern. Leider liegt Kambodscha nicht unbedingt auf der eingeschlagenen Reiseroute. Schließlich wollen wir doch bis nach Hanoi und da ist Ankor Wat schon wieder hunderte Kilometer entfernt.
Die Fahrt am Stand Up Paddle Board genieße ich nicht. Es ist viel zu heiß. Wir schnorcheln in dem Korallenriff, doch ist das Wasser nicht besonders klar und auch das Riff nicht besonders artenreich. Auch das Wasser bringt keine Abkühlung. Ich beobachte ein Boot, das offensichtlich von einer Gruppe koreanischer Touristen gechartert wurde. Ich beobachte schwarze Krabben, die sich auf den Felsen sonnen. Kommen wir nicht doch irgendwie nach Kambodscha?
Roger #
Als wir zurück am Strand sind, begrüßt uns Roger mit einem selbstgemachten milchigen Drink, an dessen Zutaten ich mich nicht erinnere. Es ist schön, wieder mal mit jemanden ein Gespräch führen zu können. Für ausschweifende Gespräche reicht das Englisch der meisten Vietnamesinnen leider nicht aus. Und um die vietnamesische Kultur und deren Eigenheiten zu verstehen, braucht es dann jemanden wie Roger.
Was für ein merkwürdiger Tag.